Bio? Logisch!

Neue Gentechnik: In den fetten Jahren träge geworden

Seit geraumer Zeit wird auf EU-Ebene verhandelt, inwieweit neue Verfahren der Gentechnik (wie CRISPR/Cas) reguliert werden, ob es unter bestimmten Umständen eine Risikoprüfung oder Kennzeichnungspflicht gibt, wenn gentechnisch erzeugte Pflanzen beispielsweise auch auf konventionellem Weg gezüchtet werden können. Die Bio-Lebensmittelbranche lehnt die neue Gentechnik weitgehend ab. Der Protest ist Tina Andres, Vorstandsvorsitzende Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), allerdings noch viel zu verhalten, wie sie auf den sechsten Öko-Marketingtagen in Kirchberg an der Jagst verlauten ließ.

Es sei drei Minuten vor zwölf, die Uhr ticke unglaublich schnell und wöchentlich steige der Druck im Kessel. „Wir müssen einerseits eine laut vernehmliche Stimme im Kampf gegen Gentechnik sein, und andererseits eine sehr realistische Politik betreiben, um uns in Brüssel Gehör zu verschaffen.“ Kämen die geplanten Regelungen durch, gäbe es für die ökologische Landwirtschaft nichts zu gewinnen, aber alles zu verlieren.

„Ich nehme uns noch nicht als laut genug wahr. Wir sind alle in den fetten Jahren ein bisschen träge geworden. Grabenkämpfe sind das Letzte, was wir brauchen – die werfen uns nur zurück“, ging sie mit ihrer Branche hart ins Gericht. „Es ist sogar in den eigenen Reihen wahnsinnig schwierig geworden zu mobilisieren.“ Beim Lebensmitteleinkauf sparsamer gewordene Kundschaft dürfe keine Ausrede sein.

beenhere

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Ob Öko-Verbände oder Bio-Unternehmen: Die Ressourcen sind bei allen knapp, ordnete Andreas Swoboda, Vorstand Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL) und Geschäftsführer der Großbäckerei Bio Breadness, ein. Es stelle sich überall die Frage, welche Aktivitäten man weglasse, um starke Akzente setzen zu können. Jammern ließ Swoboda allerdings nicht gelten. „Wir müssen vorhandene Mittel zielgerichtet einsetzen und entsprechende Prioritäten setzen.“ Zeit für langwierige Diskussionen sieht er nicht.

Druck in Brüssel

In das gleiche Horn stieß Silvia Bender, Staatssekretärin Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Umweltverbände, grüne Parteien und Bio-Lebensmittelbranche hätten lange geglaubt, den Kampf gegen Gentechnik gewonnen zu haben und sich entsprechend teilweise zurückgelehnt. „Jetzt müssen wir feststellen, dass diejenigen, die die neue Gentechnik wollen, sehr gut vorbereitet sind.“

Spanien strebe noch in diesem Jahr eine geeinte Position im Europäischen Rat sowie im Europäischen Parlament pro neue Gentechnik an, bevor das Land die Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr an Belgien abtritt. Zudem gäbe es einen starken Druck, neue gentechnische Verfahren auch im Öko-Landbau zuzulassen. Hier müsse die Bio-Lebensmittelbranche deutlich machen, dass dies nicht deren Weg sei. Politisch käme erschwerend hinzu, dass die Vorstellungen innerhalb der Bundesregierung „sehr weit auseinander liegen“. Deutschland sei im Diskurs daher stumm.

Für das BMEL bezog Bender jedoch eine klare Position: Die Koexistenz müsse sichergestellt sein. „Wer gentechnikfrei produzieren oder konsumieren möchte, muss das auch in Zukunft tun können, und darf dafür nicht die Mehrkosten tragen müssen. Wir wollen nicht, dass die neuen genomischen Techniken das unserer Meinung nach gut funktionierende Saatgutrecht untergraben und dort Patente Einzug halten.“