Der Bruderhahn soll bleiben – Bio-Fachhandel ist gefordert
„Es ist notwendig, trotz Krise weiter an einer zukunftsfähigen ökologischen Geflügelzucht und -haltung mitzuwirken, und insbesondere unter ethischen Gesichtspunkten die ökologische Nutztierhaltung weiter zu entwickeln“, mahnt die Brudertier Initiative Deutschland (BID) anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens in einem Positionspapier an. „Der Bruderhahn ist ein politisches Statement, dazu gedacht, den Weg für andere Strukturen in der Geflügelhaltung zu ebnen“, erklärt Demeter-Landwirt Carsten Bauck, Gründungsmitglied der BID, in der dazugehörigen Pressemitteilung.
Dann eben nur noch EU-Bio, zur Not halt konventionell
Die bei allen Anbauverbänden mit Ausnahme von Biopark verpflichtende Aufzucht der Bruderhähne ist für etliche Bio-Geflügelhalter finanziell herausfordernd. Die Kalkulation die unwirtschaftliche Mast – viel teures Bio-Futter für wenig Fleisch, welches im schlimmsten Fall niemand haben möchte – durch einen höheren Eierpreis zu subventionieren geht nicht mehr überall auf. Bevor die Kosten sie erdrücken, haben drei Biokreis-Betriebe ihre Mitgliedschaft gekündigt und machen im kommenden Jahr unter EU-Bio weiter. Ohne den Bruderhahn, denn der wird dann bereits als Embryo getötet.
Demeter: Quote für Zweinutzungshühner vorerst vom Tisch
Weil es der Markt nicht regelt, sollte auf der Delegiertenversammlung des Anbauverbands Demeter im nächsten April über eine feste Quote von 20 Prozent Zweinutzungshühnern und -hähnen abgestimmt werden. Bei Beschluss wäre Demeter der erste Anbauverband, der diesen Schritt gehen würde, um einen Ausweg aus der ökologisch fragwürdigen und unwirtschaftlichen Mast der Bruderhähne – diese verbrauchen zu viel Futter und liefern wenig Fleisch – weiter zu ebnen. Der entsprechende Antrag wird allerdings nicht gestellt. Carsten Bauck, einer von vier Sprechern der Facharbeitsgruppe Geflügel, ist enttäuscht und zieht persönliche Konsequenzen.
„Wir könnten schon viel weiter sein!“
Ursprünglich wollte Demeter-Landwirt Carsten Bauck 3.000 Tiere der Zweinutzungsrassen Coffee und Cream von der gemeinnützigen Ökologischen Tierzucht (ÖTZ) einstallen. Da sich die höherpreisigen Eier und Fleisch derzeit kaum vermarkten lassen, zogen nur 1.000 Tiere ein. Die unwirtschaftliche und ökologisch fragwürdige Mast der Bruderhähne der spezialisierten Lege-Rassen so weitgehend wie möglich hinter sich zu lassen – wie in weiten Teilen der Bio-Branche gewünscht – wird noch etliche Jahre dauern. Der Markt regelt es derzeit nicht. Bauck, der auch als Sprecher Geflügelhalter im Anbauverband Demeter aktiv ist, fordert daher eine verbindliche Quote für Zweinutzungsrassen bei allen Anbauverbänden und redet offen über derzeitige Hürden.
Zweinutzungshühner: Wie groß wird die Bio-Nische sein?
Seit Jahren sind sich Anbauverbände und Bio-Branche in weiten Teilen einig: Sie möchten sich in der Bio-Geflügelhaltung von einseitig auf Hochleistung gezüchteten Tieren verabschieden. Die Zukunft soll Zweinutzungsrassen gehören, die wieder eine ausgeglichene Balance zwischen Eierlegeleistung und Fleischansatz aufweisen, so dass auch männliche Tiere einen wirtschaftlichen Wert besitzen. Die unrentable und ökologisch äußerst fragwürdige Aufzucht der Bruderhähne der Lege-Rassen soll nur ein Zwischenschritt sein. So recht kommt das Vorhaben allerdings nicht voran. Inga Günther, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Ökologischen Tierzucht (ÖTZ), und Wertschöpfungskettenmanager Joachim Jeske, erklären, woran es in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten besonders hapert.