Das Umsatzwachstum mit Bio-Lebensmitteln hat sich etwas abgekühlt, beim Bio-Fachhandel steht sogar ein Rückgang im Vergleich mit dem Vorjahr von 22,2 Prozent zu Buche. Die Discounter können hingegen punkten, die sich zudem zur wichtigsten Verkaufsstätte für Bio-Fleisch entwickelt haben. Gestiegene Kosten für Futtermittel, Rohstoffe und Energie haben die Preise im Handel nach oben getrieben, was wiederum die Kundschaft vermehrt zu günstigen Produkten greifen lässt. Wo Bio steht, erklärte Diana Schaack von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft auf der Bio-Schweinetagung diese Woche in Bad Mergentheim.
Die Preise für Bio-Lebensmittel sind mit Ausnahme von Kartoffeln und Rindfleisch nicht so stark gestiegen wie konventionelle Ware. Bei Bio-Getreide und -Wurstwaren erwartet Schaack allerdings einen „richtigen Preissprung“, da bald bei Erzeugern und Verarbeitern alte Kontrakte auslaufen und damit neue Verhandlungen im Raum stehen. Im Bio-Fachhandel hätten die Verkaufspreise weniger zugelegt, weil Händler versuchten das Niveau zu halten. „Das ging sehr zu Lasten der Verarbeiter, die schon lange höhere Kosten für Rohstoffe und Energie tragen“, sagte Schaack.
Von Januar bis Mai dieses Jahres schrumpften die Einkaufsmengen von konventionellen und Bio-Lebensmitteln zum Teil sehr deutlich. Das liegt nicht alleine an gestiegenen Preisen, sondern es wird wieder verstärkt außer Haus in Kantinen oder in der Gastronomie gegessen. Während in der frühen Phase der Corona-Pandmie wurde aufgrund von Homeoffice und geschlossenen Restaurants vermehrt zu Hause gekocht. „Daher ist der Rückgang wenig überraschend, außer teils in der Höhe“, kommentierte Schaack. So sank im Mai der Umsatz mit frischen Bio-Lebensmitteln um satte 14 Prozent. „Besonders die Produzenten von Bio-Eiern leiden unter dem Mengenrückgang. Die Erzeugerpreise sind kaum gestiegen, gleichzeitig haben sich Futtermittel verteuert.“
Trotz Einbußen liegt der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln über dem Niveau von vor der Pandemie. So gaben die Deutschen 2019 dafür 12,26 Milliarden Euro aus, im vergangenen Jahr waren es bereits 15,87 Milliarden Euro. Der Bio-Markt wächst deutlich stärker als der konventionelle, der im letzten Jahr lediglich in den Kategorien pflanzliche Alternativen für Milch und Fleisch zulegen konnte.
Discounter und günstige Bio-Eigenmarken im Aufwind
„Die Konsumenten wollen weiter Bio-Produkte, aber kaufen dort, wo sie günstig sind“, erklärte Schaack. Daher werde verstärkt zu den Bio-Eigenmarken von DM, Rewe, Edeka & Co. gegriffen oder der Weg führt direkt in den Discounter. Vergleicht man die Zeiträume Januar bis Mai 2021 mit diesem Jahr, verliert der Bio-Fachhandel bei Frischeprodukten 22,2 Prozent Umsatz, während Discounter 12,5 Prozent hinzugewinnen.
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Doch nicht alleine der Preis sei entscheidend, sondern Discounter investieren massiv in den Bio-Ausbau ihrer Sortimente und entsprechende Marketing-Kampagnen. Bei Lidl soll bis 2025 das Sortiment zu einem Zehntel aus Bio-Lebensmittel bestehen. Seit vier Jahren kooperiert der Discounter mit dem Anbauverband Bioland, so dass offen ausgelobte Verbandsware für Vertrauen in Sachen Bio-Kompetenz sorgt und Bioland-Erzeuger und -Verarbeiter große Mengen absetzen können. Aber auch günstige Preiseinstiegsware mit dem Mindeststandard EU-Bio solle dem Umsatz im Hause Lidl weiter ankurbeln. Man könne sich laut Schaack freuen, wenn Discounter ihre günstigen Kostenstrukturen nutzen, um Bio voranzubringen. Zur Erinnerung: Die Bundesregierung hat das Ziel von 30 Prozent Öko-Ackerflächen bis 2030 ausgerufen, derzeit stehen wir bei 10,3 Prozent. Benötigt wird demnach ein jährliches Wachstum von elf Prozent, wie das im Detail aus politischer Sicht gelingen soll ist noch fraglich.
Bleibt die Erkenntnis: Die Bio-Konkurrenz durch Discounter wird wohl weiter wachsen. „Die Frage ist, wie die Bio-Branche damit umgeht und ausreichende Preise für Erzeuger und Verarbeiter sichert.“
Bio-Fleisch und -Wurst weiterhin stark gefragt
Mit Ausnahme des Bio-Fachhandels sind bei allen Vertriebskanälen die verkauften Mengen an Bio-Fleisch im vergangen Jahr gestiegen. Wermutstropfen: Davon macht Hackfleisch stolze 62 Prozent aus, zu dem besonders preissensible Kunden greifen würden.
Als stärkster Vertriebskanal für Bio-Fleisch konnten Discounter ihre Anteile deutlich ausbauen, die doppelt so viel absetzen wie Vollsortimenter. Aldi, Lidl & Co. bringen ein Drittel des Bio-Fleischs und 28 Prozent der Wurstwaren an die Kundschaft. Bei all dem dürfe man nicht vergessen, dass ein Großteil des Bio-Getreides im Futtertrog landet – allem voran in der Schweinemast.
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