Bio? Logisch!

Gemüseanbau im Oberbergischen Land: „Zum Glück waren wir auch etwas naiv“

„Hätte ich Gemüsebau gelernt, läge unser Betrieb sicherlich nicht im Oberbergischen Land“, erklärt Dominique Dietrich lachend. In Hinterrübach bei Lindlar sind die Böden schwer und das Klima mit viel Niederschlag rau. Dennoch gedeihen auf dem gemeinsam mit ihrem Mann Marcus geführten Demeter-Gemüseanbau „Bunte Beete“ alles von der Aubergine bis zur Zucchini.

Anfangs wurden die beiden Quereinsteiger aus Bayern – er hat 15 Jahre als Garten- und Landschaftsbauer gearbeitet, sie war nach ihrem Studium der Landschaftsarchitektur im Planungsreferat der Stadt München tätig – von den Einheimischen belächelt. Berge, Wälder und Weiden prägen das Bild der Region, gewerblicher Gemüseanbau Fehlanzeige. Auch die Bauerngärten für den Eigenbedarf waren „dank“ der zunehmenden Spezialisierung der Höfe weitgehend verschwunden.

„Wir erfinden nicht das Rad neu, natürlich kann man hier Gemüse anbauen – auch wenn der Aufwand im Vergleich mit anderen Standorten deutlich größer ist“, erklärt Marcus Dietrich. Zum Start haben sich die beiden bei erfahrenen Landwirten Tipps eingeholt, welche Arten gut gedeihen: rote Bete, Kartoffeln und dicke Lagermöhren, die lange in der Erde bleiben und so ihr besonderes Aroma entfalten.

In Irland Mut getankt

„Nur“ bio im Supermarkt einzukaufen reichte den beiden nicht mehr, als sie noch in Freising lebten. Sie wollten auch im beruflichen Alltag ökologisch nachhaltiger leben und gerne hochwertige Lebensmittel produzieren. 2012 verbrachten sie zehn Monate auf einem Demeterhof am nördlichsten Zipfel Irlands, um dort Gemüse anzubauen. Dank Folientunneln und Gewächshaus ist dort die klimatische Herausforderung zu meistern. Das ländliche und bäuerliche Leben hat die beiden stark geprägt. Ein Zurück ins Büro war für Dominique Dietrich unvorstellbar.

Eine weitere Station war der Demeterhof in Breun wenige Kilometer vom heutigen Standort ihres Betriebs in Hinterübbach entfernt. Zunächst verbrachten sie dort einige Wochen, später sogar ihre Flitterwochen in Gummistiefeln im Kuhstall. Ein halbes Jahr später folgte der Umzug nach Breun; zwei Jahre bauten die Dietrichs dort auf gepachteten Flächen Gemüse an. Was in Irland funktionierte, sollte doch auch im Oberbergischen Land möglich sein – und der Mut hat sich ausgezahlt. Von Anfang an war beiden klar, ökologisch wirtschaften zu wollen. „Als Quereinsteiger kennen wir gar keine chemischen Pflanzenschutzmittel“, erklärt Dominique Dietrich.

Samenfeste Sorten sind besser geeignet

In zwei Gewächshäusern und auf einem 7.000 Quadratmeter großen Acker gedeihen nun vielfältige Gemüsearten und -sorten. Die Vielfalt ist bewusst gewählt, denn so streuen die Dietrichs das Risiko. Im letzten heißen Sommer machte das Blattgemüse schlapp, während Kartoffeln und Karotten auflebten. Salopp gesagt: Irgendetwas geht immer. Wer sich jedoch nur auf wenige Arten konzentriert, kann geringere Erntemengen nicht kompensieren.

Der kleine Betrieb bringt weitere Vorteile. Auch in der ökologischen Landwirtschaft sind besonders beim Kohlanbau so genannte Hybride verbreitet. Deren Saatgut kann der Landwirt zwar nicht selbst vermehren und muss daher jedes Jahr neues kaufen, wofür er sich allerdings über hohe Erträge und gleichförmige Früchte freuen kann, die (nahezu) gleichzeitig erntereif sind. Die Vorteile verkehren sich bei Bunte Beete allerdings ins Gegenteil. Wäre schlagartig der gesamte Brokkoli reif, müsste er schnell seine lokalen Abnehmer finden. Die Dietrichs ernten lieber nach und nach. Zudem brachten die Hybride zu große Köpfe hervor. Seit letztem Jahr bauen die Gärtner die samenfeste Sorte „Calinaro“ an, die zwar weniger Ertrag bringt, aber geschmacklich überzeugt. „Samenfeste Sorten sind für unseren Betrieb besser geeignet“, sagt Dominique Dietrich.

Selbstvermarktung ist ein weiteres Zauberwort, warum das Ehepaar mit ihrem kleinen Betrieb wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Kunden können individuell zusammengestellte Gemüsekisten vorbestellen und abholen. Das Gemüse wurde dann zum Großteil nur wenige Stunden vorher frisch geerntet. Darüber hinaus beliefern die Gärtner Bioläden in der Region.

1 Kommentar zu “Gemüseanbau im Oberbergischen Land: „Zum Glück waren wir auch etwas naiv“

  1. Eine wirklich inspirierende und mutmachende Geschichte! Danke fürs Teilen!

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