Augen & Ohren

Öko-Branche zwischen Unfairtrade und Billig-Bio

Mit jedem Bio-Produkt kaufen wir uns auch ein Stück heile Welt: Kühe auf der grünen Weide, fair bezahlte Kaffeebauern in fernen Ländern, soziale Arbeitsbedingungen für hiesige Beschäftigte und dergleichen. Vielfach ein stimmiges Bild. Sina Trinkwalder, Gründerin von manomama, blickt täglich hinter die Kulissen. In ihrem neuen Buch „Fairarscht – Wie Wirtschaft und Handel die Kunden für dumm verkaufen“ nimmt die Produzentin von Naturtextilien ihre Leser auf eine persönliche Reise durch unsere heutige Wirtschaftswelt mit.

Eins vorweg: Sina Trinkwalder möchte mit ihrem Buch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Sie selbst ist überzeugte soziale Unternehmerin, die in regionalen Wirtschaftskreisläufen Naturtextilien fertigt. Ohne verklärte Romantik ist ihr Blick auf die Bio-Branche allerdings deutlich nüchterner. Daher gelingt es ihr auch als Freundin klarer Worte Missstände beim Namen zu nennen.

Bio braucht Discounter

fairarscht-brehl-backtFür die meisten bewussten Bio-Kunden sind Discounter Erzfeinde. Auf der Jagd nach immer billigeren Einkaufspreisen pressen sie ihre Lieferanten wie eine Zitrone aus und auch ihre Mitarbeiter haben mitunter wenig Grund zur Freude. Es ist kein Geheimnis, dass beispielsweise hiesige Bio-Milchbauern faire Preise benötigen, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Gleichzeitig möchte der Bio-Markt wachsen.

Doch wer hätte gedacht, dass Milchprodukte der Bio-Qualitätsmarken Söbbeke und Andechser als unzertifizierte Eigenmarke beim Discounter im Regal stehen? Oder gar, dass Discounter wichtige Partner sind, um die Wachstumsstrategie der Bio-Branche zu stützen? Schließlich müssen gewisse Kapazitäten existieren, um (große) Handelsketten kontinuierlich beliefern zu können.

„Deshalb braucht man einen ‚Puffer’ für den Fall, dass ein großer Handelspartner Lust an einer echten Partnerschaft hat. Bis diese Situation eintritt, parkt man das weiße Gold siegelfrei beim Discounter“, schreibt Trinkwalder. Ihr Fazit fällt daher ernüchternd aus. „Aldi, Lidl und Co. seien quase der ‚Weiße Hai’ im Handelmeer. Irgendwie braucht ihn das Ökosystem, aber sind zu viele davon im Wasser, lebt drum herum nichts mehr. Das sind ja dieselben Marktmechanismen, die wir Kunden durch den dezidierten Kauf von Bioprodukten umgehen wollen, denke ich resigniert.“

Aber auch im Qualitätssupermarkt ist der Kunde häufig der Dumme. Lebensmittelhändler schmücken ihr Sortiment gerne mit regionalen (Bio-)Produkten, auch von „kleineren“ Lieferanten. Für den Laien jedoch völlig fremd oder gar als pervers angesehen: Viele Erzeuger müssen tatsächlich dafür bezahlen, dass ihre Produkte in den Regalen landen. Dafür greift der Kunde tiefer in die Tasche, denn sämtliche Kosten sind natürlich im Endverkaufspreis einkalkuliert.

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