Augen & Ohren

Gier zerstört Ölbaum

Viel Wind, wenig Regen und karge Böden – Olivenbäume haben sich bestens an das Klima im Mittelmeerraum angepasst. Viele von ihnen produzieren seit über tausend Jahren Oliven. Dieses kostbare Erbe wird aber nicht überall erhalten, sondern geplündert. Alte Bäume werden herausgerissen und verkauft. Auch riesige Monokulturen, Pestizide und Kunstdünger setzen dem Land zu. Die Hintergründe beleuchtet Jürgen Enders in seinem Dokumentarfilm „Der Ölbaum-Report – Eine mediterrane Landwirtschaft im Wandel“.

Die alten Olivenbäume sind in der oft kargen Landschaft wichtige Habitate für eine Vielzahl von Pflanzen, Insekten und Tieren. Was in Jahrhunderten gewachsen ist, reißt der Mensch mitunter kurzerhand aus oder zerstört es durch Pestizide und Kunstdünger.

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Konzerne oder Familienbetriebe?

In „Der Ölbaum-Report“ gelingt es den Filmemachern eindrückliche Bilder einzufangen, so dass der Verlust eines einzigen Baumes dem Herzen einen Stich versetzt. Olivenbauern erzählen von ihren Nöten, denn gerade kleine familiäre Betriebe haben es schwer, wirtschaftlich zu überleben. Zwar erhalten auch sie Subventionen, doch die sind an die jährliche Produktionsmenge geknüpft. Wer mehr produziert, bekommt auch einen größeren Anteil aus dem Subventionstopf. Eines von mehreren Beispielen im Film für verfehlte Politik. Dabei werden auf großen Plantagen oftmals die Bäume ständig bewässert, um mehr Oliven zu produzieren. In Gebieten mit wenig Wasser, ist dies eine teuer erkaufte Ernte. Als einen deutlich besseren Weg erweist sich die ökologische Landwirtschaft, denn sie erhält Ressourcen. Hier zeigt der Film, wie sich ökologisches Wirtschaften direkt auswirkt und welche Erfolge Olivenbauern verbuchen.

Allerdings hat der Film auch Schwachstellen, denn konkrete Zahlen und Fakten werden kaum genannt, beispielsweise wie hoch der tatsächliche Einsatz von Pestiziden und Kunstdüngern ist. Auch die Beschwerden der Olivenbauern, dass die Preise von Konzernen und großen Handelsketten festgelegt werden und mehr, bleiben so im Raum stehen. Einer erwähnt Coca-Cola, aber niemand erklärt, was das Unternehmen mit Olivenöl zu schaffen hat. Wer genau wie und wo involviert ist, verschließt sich dem Zuschauer. Instinktiv möchte man sich auf die Seite von den gegen Goliath kämpfenden David – also den Kleinbauern – stellen. Vieles bleibt nebulös und schwammig. Statt aussagekräftiger Fakten gibt es vermehrt emotionale Meinungen – die zwar durchaus nachvollziehbar sind, aber auch einen guten Ansatz für eine tiefere Recherche geliefert hätten.

Hier verschenken die Filmemacher viel Potenzial. Auch das besondere Hervorheben eines Magazins und die Olivenöl-Seminare eines Bio-Landwirts grenzt an Schleichwerbung.

Ausweg: Vom Olivenbauer zum „Winzer“

Bei aller Kritik gibt es auch etliche Lichtblick im Film. Für die meisten Konsumenten ist Olivenöl längst ein billiges Massenprodukt. Unter welchen Bedingungen es hergestellt wurde interessiert wenn überhaupt nur am Rande. „Es gibt immer ein Drittel der Gesellschaft, die aufmerksam mit den Dingen umgehen möchten. Wenn die aber keine Alternative vorfinden, ist es schwierig“, sagt Olivenhändler Conrad Böllicke. Daher müssten Olivenbauern und Ölmühlen ähnlich wie Winzer individuell wahrgenommen werden. Tatsächlich gibt es in puncto Sorten und Aromen beim Olivenöl eine ähnlich komplexe Welt wie bei Trauben und Wein. Daher bringt er Erzeuger und Konsumenten auf dem Olivenölfest in Bremen zusammen.

Insgesamt eröffnet „Der Ölbaum-Report“ ein wichtiges Thema. Seine Stärken liegen eindeutig im Vermitteln von Gefühlen und wenn das der Anlass ist, sich auch beim Anbau von Oliven für die ökologische Landwirtschaft zu interessieren und diese durch den Kauf von entsprechenden Produkten zu fördern, dann haben die Filmemacher ihr Ziel erreicht. Aus journalistischer Sicht gibt es allerdings noch Luft nach oben.

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