Bio? Logisch!

Eine lebenswerte Zukunft zum hier essen, bitte

Verstärkt pflanzlich, das Tierwohl fördernd, Ressourcen- und das Klima schonend: So sieht das Menü der Zukunft in der Außer-Haus-Verpflegung – in Schulen, Kitas, Restaurants, öffentlichen sowie Betriebskantinen – aus. Darin waren sich die Teilnehmerinnen und der Teilnehmer des Online-Talks „Die Teller-Wende – Acht wegweisende Trends für die Zukunft“ vergangen Dienstag einig. Aber wie werden Speisekarten den planetaren Grenzen gerecht? Bei aller Eile angesichts globaler Umweltkrisen: Schritt für Schritt.

In Gastronomie und Großküchen fehlen Fachkräfte, die Einkaufspreise für Lebensmittel sind wie die Energiekosten gestiegen, für Lokale sind teils hohe Mieten fällig. In diesem Spannungsfeld findet die notwendige ökologische Transformation statt. Gastronom Hannes Schröder, der in Hamburg mehrere Restaurants, eine Bar und ein Catering-Unternehmen betreibt, hat dafür gute Voraussetzungen. Das Rückgrat saisonale Bio-Lebensmittel einzukaufen bildet der elterliche Demeter-Betrieb Kastanienhof im niedersächsichen Reeßeln.

Dadurch sind die Bio-Erwartungen an Schröder allerdings oft recht hoch, die er in der von der dfv-Mediengruppe organisierten Talkrunde dämpfen wollte, „weil wir viele Sachen zukaufen müssen“. Im Sommer bezifferte er den Bio-Anteil des Speiseangebots auf 15 bis 20 Prozent. „In diesem Jahr haben wir Rind- und Geflügelfleisch in allen unseren À-la-carte-Restaurants auf bio umgestellt.“ Die ökologische Tierhaltung leiste bereits viel für den Klimaschutz. Das Bewusstsein und die Akzeptanz, dass eine bessere Qualität einen höheren Preis bedeutet, seien allerdings in der gehobenen Gastronomie deutlich ausgeprägter als in der Gemeinschaftsverpflegung und beim Catering. Gäste, die zu jeder Jahreszeit das volle Speiseangebot erwarten, würden zudem die Grenzen des saisonalen Wareneinsatzes aufzeigen. „Im Winter können wir eben nicht im eigenen Kräutergarten frische Petersilie ernten.“ Daher brauche es mehr Flexibilität und weniger statische Speisekarten.

Bio-Nachfrage gestiegen

„Wir haben eine stetig wachsende Frage nach Bio-Produkten, vor allem in der Gemeinschaftsverpflegung. Hier wird gerade sehr viel in der Betriebsgastronomie daran gearbeitet, Bio-Quoten auszubauen. Aber auch bei Kitas und Schulen wächst dieser Bereich“, konnte Kathrin Willhardt, Geschäftsführerin Transgourmet Deutschland, berichten. Das Unternehmen versorgt bundesweit Großverbraucher in Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung, und war auch Sponsor der digitalen Talkrunde. Die Bio-Eigenmarke Natura ging 2021 unter anderem mit dem Ziel an den Start, Bio mit einer breiten Produktpalette und zu bezahlbaren Preisen in die Großküchen zu bringen. „Wir sind in den letzten zwölf Monaten vier Mal so stark im Bio- als im konventionellen Bereich gewachsen.“ Lebensmittel aus ökologischer Produktion machen inzwischen zwei Prozent des Umsatzes aus. „Das hört sich jetzt nicht viel an, aber das sind ein paar Millionen Euro“, sagt Willhardt und gibt im gleichen Atemzug zu: „Bio war bis vor wenigen Jahren bei uns noch ein untergeordnetes Thema.“

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Entsprechend steil sei die Lernkurve gewesen, denn es gab keinerlei Erfahrungswerte welche Mengen abgerufen werden. Ob die Kunden eher bei Mehl, Gemüse, Obst, Milchprodukten oder Fleisch beginnen verstärkt auf Bio zu setzen war die große Frage. Wer allerdings erwarte, alle Bio-Lebensmittel seien jederzeit verfügbar – wie in den letzten Jahrzehnten bei den konventionellen Pendants gelernt – würde enttäuscht.

Schritt für Schritt zu mehr Klimaschutz auf den Tellern

Noch immer gilt es, neben dem eigenen Küchenpersonal auch die Gäste für Klima- und Umweltschutz zu motivieren. „Den Planetary Health-Ansatz weiter zu verfolgen halte ich für sehr sinnvoll“, sagte Willhardt. Doch woher sollen Gäste wissen, welche Gerichte planetare Grenzen achten, also gesund für Natur und Menschen sind? Den CO2-Fußabdruck bei den einzelnen Menüs auszuweisen wäre nicht nur extrem schwer sicher zu kalkulieren, sondern die Gäste könnten mit den nackten Zahlen nichts anfangen, wie Professorin Dr. Carolyn Hutter, Studiengangsleiterin BWL-Food Management an der Duale Hochschule Baden-Württemberg, betonte. Ins gleiche Horn stieß auch Willhardt: „Wir bemerken eine Überforderung bei unseren Kunden und bei den Tischgästen. Die möchten wir nicht mit CO2-Werten bombardieren.“

Auch der Fokus auf eine einzelne Umweltleistung könne verwirrend sein. „Bio-Gerichte haben oftmals einen höheren CO2-Fußabruck. Da Erträge geringer sind, muss auf mehr Fläche produziert werden“, gab Hutter zu bedenken. Die ökologische Landwirtschaft verzichtet auf Pestizide und Kunstdünger, Tiere werden nicht massenhaft mit Antibiotika behandelt und die Artenvielfalt ist oft höher – um einige Vorteile zu nennen, die ein reiner CO2-Wert nicht abbildet. Zudem befürchtete Schröder, dass der Begriff Klima ebenso verheizt werden könnte wie Regionalität. Unter letzterem versteht jeder etwas anderes, weil es keine einheitliche Definition gibt. Unter dem Strich wurde schnell klar: Es muss einfach sein.

Im besten Fall denkt das Küchenpersonal bei jedem Speiseplan für seine Gäste ökologisch mit und stellt diese nicht unnötig vor die Wahl, ob sie klima- und umweltbewusst essen oder nicht. Einzelne Komponenten könnten in Bio-Qualität sein, statt Kartoffelpüree tun es auch Salzkartoffeln. Schröder empfahl den Weg der kleinen Schritte und das Schmieden von Allianzen. An Bio interessierten Gastronomen riet er, sich einen Partnerhof in der heimischen Region zu suchen und sich die Zeit zu nehmen, die Arbeitsweisen der ökologischen Landwirtschaft zu verstehen. „Das lässt sich relativ leicht umsetzen – und man merkt, dass die Produkte oft gar nicht so teuer sind.“

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Staatliche Förderung sichern


Ob privates Unternehmen oder öffentlicher Träger, ob bereits bio-zertifiziert oder Zertifizierung geplant: Wer in der Außer-Haus-Verpflegung den Bio-Anteil auf mindestens 30 Prozent des monetären Wareneinsatzes erhöhen möchte, kann ab sofort einen finanziellen Zuschuss von 80 Prozent der dafür notwendigen Beratungen erhalten. Der maximale Förderbetrag der „Richtlinie zur Förderung der Beratung von Unternehmen der Außer-Haus-Verpflegung zum vermehrten Einsatz von Produkten des ökologischen Landbaus (RIBE)“ liegt bei 35.000 Euro. Der Antrag ist spätestens zwei Monate vor der ersten Beratung zu stellen.

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