„Es ist notwendig, trotz Krise weiter an einer zukunftsfähigen ökologischen Geflügelzucht und -haltung mitzuwirken, und insbesondere unter ethischen Gesichtspunkten die ökologische Nutztierhaltung weiter zu entwickeln“, mahnt die Brudertier Initiative Deutschland (BID) anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens in einem Positionspapier an. „Der Bruderhahn ist ein politisches Statement, dazu gedacht, den Weg für andere Strukturen in der Geflügelhaltung zu ebnen“, erklärt Demeter-Landwirt Carsten Bauck, Gründungsmitglied der BID, in der dazugehörigen Pressemitteilung.

Bild: Elke Bartussek/Brudertier Initiative Deutschland
Mit dem Bruderhahn in die Zukunft
Die bei allen Anbauverbänden mit Ausnahme von Biopark vorgeschriebene Aufzucht der Bruderhähne ist als unwirtschaftlich und ökologisch fragwürdig deutlich in die Kritik geraten. Aufgrund der Genetik benötigen die Tiere vergleichsweise viel Futter und liefern im Gegenzug wenig Fleisch, welches im schlimmsten Fall niemand haben möchte. Ein großer Teil des hochwertigen Bio-Futters wäre auch für den direkten menschlichen Verzehr geeignet. Die Mast über einen höheren Eierpreis zu subventionieren geht vielerorts angesichts beim Lebensmitteleinkauf sparsamer gewordener Kundschaft nicht mehr auf. „Insbesondere die Nachfrage nach Premium-Bio-Eiern ist eingebrochen und erholt sich nur langsam. In diesem Umfeld stellt die Bruderhahnaufzucht eine zusätzliche Belastung der Erzeugerbetriebe dar.“ Um sich von dieser verabschieden zu können, haben zuletzt drei Bio-Geflügelhalter ihre Mitgliedschaft beim Anbauverband Biokreis gekündigt.
Gemeinsam „über bio“ ermöglichen
Dieser Artikel sowie alle Inhalte von „über bio“ sind für Sie kostenfrei.
Hochwertiger Journalismus kostet neben Zeit für Recherche auch Geld. Ich freue mich über jede Unterstützerin und jeden Unterstützer, die/der das Magazin via Banküberweisung, Paypal oder Abo bei Steady ermöglicht. Seien Sie auch mit dabei.
Die Kritik erfolge jedoch an falscher Stelle, denn die Aufzucht der Bruderhähne sei nie als nachhaltiges Geschäftsmodell gedacht, sondern ergab sich aus der ethischen Konsequenz keine männlichen Küken direkt nach dem Schlupf zu töten. „Bruderhähne aufzuziehen ist für die Gestaltung einer ökologischen Geflügelwirtschaft unabdingbar“, bekräftigt die BID. Als „einzige Alternative zum Kükentöten“ sei die Aufzucht von Beginn an lediglich als Zwischenschritt gedacht, bis speziell für die ökologische Erwerbslandwirtschaft geeignete Zweinutzungsrassen verfügbar sind.
Die seien dank der gemeinnützigen Ökologischen Tierzucht, mit der die BID eng zusammenarbeitet, nun vorhanden. Allerdings ziehen sie derzeit eher zaghaft in die Ställe der Bio-Geflügelhalter ein. Die Tiere weisen wieder eine ausgeglichene Balance zwischen Eierlegeleistung und Fleischansatz auf, können und sollen aber nicht mit den auf einseitige Höchstleistung gezüchteten Rassen konkurrieren. Zweinutzungsrassen legen vergleichsweise weniger Eier, die Mast dauert länger, das Schlachtgewicht ist geringer.
„Schon jetzt stellt das Zweinutzungshuhn eine gesellschaftlich breit akzeptierte Alternative zum Kükentöten dar. Allerdings spiegelt sich dies noch nicht in einer ausreichend erhöhten Zahlungsbereitschaft der Konsument:innen wider, die nötig ist, da Eier und Fleisch von Zweinutzungstieren durch die gewollt reduzierte Leistung und die Züchtung unter Ökobedingungen teurer sind“, heißt es im Positionspapier. Richtig: Die hochpreisigen Produkte von Zweinutzungsrassen sind derzeit teils schwer bis gar nicht vermarktbar. Fraglich ist allerdings, ob tatsächlich die Breite der Gesellschaft das komplexe Thema durchdrungen und überhaupt von Zweinutzungsrassen gehört hat.
Eier ja, Fleisch nein: Bio-Fachhandel muss Farbe bekennen
„Wir appellieren dringend an die Bio-Händlerinnen und -Händler sich tatkräftig der Vermarktung von Bruderhahn- und Zweinutzungshahnprodukten zu widmen, funktionierende Bruderhahn-Konzepte zu nutzen und damit die Entscheidung der Branche für die Bruderhahnaufzucht und gegen die In-OvoSelektion (Geschlechtsbetimmung im Ei, Anmerkung Jens Brehl) umzusetzen.“ Gerade in der Krise könne man sich mit ethisch erzeugten Fleischprodukten profilieren.
0 Kommentare zu “Der Bruderhahn soll bleiben – Bio-Fachhandel ist gefordert”