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Bio von nebenan: Es kann so einfach sein

Unsere täglichen Mahlzeiten sind schon lange international: Paprika aus Spanien, Kartoffeln aus Ägypten, Äpfel aus Neuseeland, Steaks aus Argentinien. Doch auch heimisches Fleisch enthält Sojabohnen aus Brasilien, welches als Tierfutter massenweise importiert wird. Nur ein Bruchteil von dem, was wir täglich essen, stammt aus unserer Region. Was den Gaumen noch erfreuen mag, ist oft schädlich für unsere Umwelt. In ihrem Buch „Genial lokal – So kommt die Ernährungswende in Bewegung“ zeigen die Autoren Valentin Thurn, Gundula Oertel und Christine Pohl auf, welche Potenziale gerade in der regionalen ökologischen Landwirtschaft liegen.

Wer über Lösungen spricht, muss zuvor Probleme erläutern. Daher holen die Autoren im ersten Teil des Buchs zu einem allumfassenden Rundumschlag aus und zeigen, was in unserem Ernährungssystem schief läuft: Massentierhaltung für billiges Fleisch, Hybrid-Saatgut verdrängt heimische Sorten, Monokulturen statt Artenvielfalt, Hungerlöhne in der Landwirtschaft, Pestizide und Kunstdünger statt Fruchtfolge, Maximalertrag auf Teufel kommt raus – nur um hinterher ein Drittel der Lebensmittel als Müll zu entsorgen.

Wer sich mit unserem Ernährungssystem beschäftigt, droht zu verzweifeln. Doch so mancher schöpft daraus Kraft, um sich für eine Wende einzusetzen. Weltweit tun dies beispielsweise Ernährungsräte, seit 2016 auch in Deutschland.

Dank Ernährungsrat zurück zu regionalen Wurzeln

oekom verlag / 20,00 Euro

Die drei Autoren des Buchs engagieren sich in den Ernährungsräten in Köln und Berlin. Ein Ernährungsrat möchte auf kommunaler Ebene die Stellschrauben in Richtung lokale Lebensmittel drehen. Die meisten Städte planen zwar beispielsweise den Ausbau ihrer Infrastruktur genau, doch wie die Einwohner ernährt werden können, haben die wenigsten Verwaltungen im Blick. Doch die Ernährungswende alleine auf bewusste Verbraucher abzuwälzen funktioniert nicht. Gerade kommunale Einrichtungen können mit einer gezielten Nachfrage nach heimischen Lebensmitteln viel bewegen – wenn es denn ein politischer Wille ist.

Doch dabei gibt es auch einige Fallstricke: Bei der Ernährungswende geht es unter anderem darum, möglichst viele Menschen mit gesunden Lebensmitteln am besten aus regionalem und ökologischem Anbau zu versorgen. Allerdings sind diese im Vergleich teurer und so droht alles Engagement zu einem „elitären Gourmetprojekt für reiche Bio-Konsumenten“ zu werden. Zudem existieren in vielen Regionen kaum noch Verarbeitungsbetriebe. Zudem sind Lebensmittel nicht per se hochwertig, nur weil sie aus der Region stammen.

Wer sich für die Ernährungswende aktiv einsetzen möchte, findet in „Genial lokal – So kommt die Ernährungswende in Bewegung“ zahlreiche fundierte Argumente und eine detaillierte Anleitung, wie ein Ernährungsrat gegründet werden kann, worauf es zu achten gilt und welche Projekte weltweit bereits Erfolge verbuchen können. Das Buch profitiert enorm, dass es von Praktikern geschrieben wurde.

Einen kleinen Minuspunkt gibt es allerdings. Leider sind die Quellenangaben nicht nummeriert und den jeweiligen Textpassagen in den Kapiteln zugeordnet. Wer tiefer recherchieren möchte, der muss die entsprechenden Informationen teils mühsam suchen.

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