Augen & Ohren

Pestizide, nein danke – oder: Das Wunder von Mals

Während die Gallier rund um den tapferen Asterix ihr Dorf vor den Römern verteidigen, gelingt es einer Gemeinde in Südtirol ihre Heimat vor Pestiziden zu schützen. Ringsherum herrscht konventioneller Apfelanbau in weitläufigen Monokulturen – und dies gelingt nur unter Einsatz von jeder Menge Chemie. Die Querdenker von Mals haben ihren Kampf vorerst gewonnen und freuen sich über eine pestizidfreie Gemeinde. Wie das gelang, dokumentiert Alexander Schiebel in seinem Buch „Das Wunder von Mals“.

Wer mit offenen Augen durch die Welt reist, der findet nahezu fantastische Geschichten, die unbedingt erzählt werden müssen. So ähnlich erging es Filmemacher Alexander Schiebel. Er erfuhr von dem Kampf der Einwohner von Mals für eine giftfreie Gemeinde und tauchte in den Widerstand ein.

Widerstand gegen Pestizide lohnt sich

Es ist allerorts die Gretchenfrage: Können eine handvoll Querdenker tatsächlich etwas bewegen. Ja, wenn sie Ausdauer und auch Mut zum Scheitern haben. Was anderswo an diversen Stammtischen hängen bleibt, führte in Mals zu einer Volksabstimmung und beeinflusste den nachhaltigen politischen Prozess.

Schiebel hat sich mit den Akteuren getroffen, woraus erfrischend offene Portraits entstanden sind. Sie erzählen von Aufbruchstimmung und den zwischenzeitlichen Tiefs bei Rückschlägen. Gegen den Strom schwimmen strengt an. Besonders, wenn Interessen einer machtvollen Lobby betroffen sind.

Folgen der industriellen Landwirtschaft in Südtirol

In Deutschland freuen sich die meisten Kunden über günstige und glänzende Äpfel aus Südtirol. Über die Anbaubedingungen denkt wohl nur ein Bruchteil nach. Schiebel zeigt auf, wie sehr auch unser Konsum die Umwelt in den Anbaugebieten belastet. Durch den Kontakt zu den Querdenkern von Mals beginnt er sich mit den Folgen der industriellen Landwirtschaft allgemein und besonders in Südtirol zu beschäftigen.

In manchen Abschnitten fehlen jedoch mitunter Quellenangaben. So kann der Leser nicht nachvollziehen, woher genannte Zahlen stammen. So zählt Schiebel beispielsweise Fakten aus einem Artikel auf, den er nach eigenen Angaben vor Jahren einmal las, ohne die Quelle zu nennen. Das ist gerade für den oekom verlag untypisch.

Im Laufe seiner Recherche für den von ihm geplanten Dokumentarfilm, aus dem zuerst das vorliegende Buch wurde, scheint auch Schiebels journalistische Distanz zu schrumpfen. Er dokumentiert nicht mehr nur die Vorgänge, sondern beschreibt sich ab einem gewissen Punkt im Buch selbst als Akteur in der Sache.

„Meine Dokumentation nähert sich dieser Thematik bewusst aus einem sehr persönlichen Blickwinkel. Weil ich nämlich glaube, dass jede Erzählung subjektiv ist und dass jeder Erzähler durch seine Gegenwart die Geschichte verändert, oft sogar geradezu erzeugt“, schreibt er. Allerdings scheint eben dieser Blickwinkel dafür zu sorgen, dass die Gegenseite nicht zu Wort kommt. Schiebel sucht keinerlei Kontakt zu den konventionellen Obstbauern und fragt diese, warum sie tun, was sie tun.

Mut für den Widerstand

Der Verlag beschreibt das Werk im Rückentext als „eine Inspirationsquelle für Aufständische in aller Welt“ und trifft damit die Kernstärke des Buchs. Trotz einzelner handwerklicher Fehler ist es ein lebendiges Plädoyer für eine vielfältige ökologische Landwirtschaft. Es besticht durch die von Herzen geschriebenen Portraits Malser Querdenker.

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