Bio? Logisch!

Die bitteren Seiten der süßen Schokolade

Wir Europäer lieben Schokolade, denn wir verputzen weltweit den größten Anteil. Der süße Genuss birgt jedoch auch etliche Schattenseiten. „So lange der Anbau von Kakao kein existenzsicherndes Einkommen bietet, ist er nicht nachhaltig“, schreiben die Autoren des Kakao-Barometers 2015, die den Fokus auf Westafrika gelegt haben. Etliche Bauern leben hier in Armut und in einigen Regionen schuften (entführte) Kindersklaven auf den Plantagen.

Weltweit gibt es eine große Nachfrage nach Kakao, der lediglich in einem kleinen tropischen Gürtel angebaut werden kann. Auf den ersten Blick beschert dies den Erzeugern eine ausgezeichnete Verhandlungsposition, doch der Schein trügt. „Eine Kakaobauernfamilie in der Elfenbeinküste verdient derzeit pro Kopf rund 0,50 US-Dollar am Tag. Um zumindest die international definierte Armutsgrenze von zwei US-Dollar pro Tag zu erreichen, müsste sich ihr Pro-Kopf-Einkommen also vervierfachen“, erklärt Friedel Hütz-Adams, Co-Autor des Kakao-Barometers vom Südwind Institut.

Tatsächlich gibt nicht nur der Lebensmitteleinzelhandel den Preisdruck an die Schwächsten in der Lieferkette weiter. „Nur acht Händler und Vermahler von Kakao kontrollieren etwa drei Viertel des Welthandels“, heißt es im aktuellen Kakao-Barometer. Konsumenten müssen darüber hinaus Schokoladenherstellern und auf Zertifikate vertrauen, denn kaum jemand kann mit eigenen Augen den Kakaoanbau kontrollieren.

Schwierige Kontrollen

„Es ist erfreulich, dass sich die Schokoladenindustrie bewegt und dass sich in den Supermärkten immer mehr Schokoladenprodukte mit den Siegeln von Fairtrade, Utz Certified und Rainforest Alliance finden lassen“, erklärt Evelyn Bahn, Koordinatorin der Kampagne Make Chocolate Fair! bei INKOTA. „Das ist ein erster wichtiger Schritt hin zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen für Kakaobäuerinnen und -bauern und zur Einhaltung der Menschenrechte. Zertifizierung ist aber kein Wundermittel, wenn es darum geht, die Mehrheit der Kakaobäuerinnen und -bauern aus der Armut zu befreien.“

Darüber hinaus bleibt ein großes Problem, welches auch die Autoren des Kakao-Barometers ansprechen. Verstöße gegen vorgeschriebene Standards sind schwer zu belegen, denn die Kontrollen sind in der Regel im Vorfeld angekündigt. Meist geschieht dies aus Kostengründen, da die jeweiligen Auditoren in weit abgelegene Gebiete reisen und die zu treffenden verantwortlichen Personen dann auch vor Ort sein müssen. Etwaige Kindersklaven oder verbotene Chemikalien sind an diesem Tag dann auf der Farm und den Feldern nicht zu finden.

Ein weiter Weg zu 100 Prozent öko und fair

Demnach liegt noch ein weiter Weg vor uns, wenn der gesamte Kakao nicht nur ökologisch angebaut werden soll, sondern Bauern ihre Familien auch menschenwürdig versorgen können. Ein weiterer Schritt wäre, wenn Konsumenten gezielt nachfragen und wenn möglich nur noch faire Schokolade kaufen. Wer einen Blick in den aktuellen Kakao-Barometer werfen möchte, kann die deutschsprachige Ausgabe kostenfrei herunterladen.

3 Kommentare zu “Die bitteren Seiten der süßen Schokolade

  1. Einer der Gründe, warum ich meinen Schoko-Konsum in den letzten Jahren zurück gefahren habe… wobei ich wahrscheinlich immer noch weit über dem Durchschnitt liege. *seufz*

    Von den absoluten „Billig-Schokoladen“ bin ich schon seit einiger Zeit größten Teils weg. Ich habe kein Problem, für dieses Luxusgut mehr Geld auszugeben, wenn… ja, wenn ich diesen Dschungel und den Nutzen der Siegel durchblicken könnte. Dabei rede ich nicht einmal „nur“ von Mogeleien bei den Kontrollen. Auch was die Auswirkungen von (Preis)Transparenz, Zertifizierungskosten und festgesetzten Preisen angeht scheitert mein Urteilsvermögen. Schokoladen von Manufakturen, bei denen der Besitzer selbst noch zur Plantage reist, liegen preislich dann leider wieder in extremer Höhe.

    Solch Reportagen lassen einem immer einen Schauer über den Rücken laufen, auch wenn ich solch von vornerein Meinungs-machende Berichte nicht mag. Aber wirklich neutrale Auswertungen findet man leider seltener.

    Meine Meinung trifft folgendes Zitat von Welt und Handel ziemlich gut:
    „Ein Gut oder Böse, Richtig oder Falsch greift da zu kurz. […] Der Faire Handel ist somit als Prozess zu sehen, der sich ständig weiterentwickeln muss.“

    Definitiv aber auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.

    • Jens Brehl

      Die ökologische Landwirtschaft entwickelt sich ja auch immer weiter, weil es noch viele offene Fragen gibt. Bio bedeutet ja nicht automatisch ökologisch sinnvoll.

      Bei Schkolade ist es wirklich schwierig, weil ich nicht auf regionale Produkte zurückgreifen kann. So ist es mir nicht möglich, die Betriebe zu besuchen und mich mit meinen eigenen Augen zu vergewissern. Fairer Handel geht in die richtige Richtung, aber auch hier gibt es noch viel zu klären – auch in Sachen Transparenz. Was nutzt zudem ein Siegel welches beispielsweise bestätigt, dass keine Kindersklaven auf den Plantagen schuften, wenn alle Kontrollen angekündigt sind? Somit ist es recht leicht zu täuschen. Reichen zudem die fairen Preise aus, damit die Kakaobauern und ihre Familien menschenwürdig leben können? Können sie ihren Kindern den Zugang zu Bildung öffnen und und und.

      Im Moment sehe ich für mich nur die Möglichkeit des bewussten Konsums, wie du ja schreibst, ist Schokolade ein Luxusgut (welches jedoch oft als billiges Massenprodukt vermarktet und als solches gerne gekauft wird). Ganz darauf zu verzichten ist für die Kakaobauern ja auch keine Lösung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert