Bei Fleisch und Milch freuen sich Supermarktkunden über günstige Preise. Allerdings kommen billige Lebensmittel die Gesellschaft teuer zu stehen. Das erklärte am vergangenen Freitag Martin Häusling, Agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, bei seinem Vortrag in Schlüchtern. Der Konsument könne alleine kaum eine ökologische Agrarwende einleiten. Daher müsse die Politik entsprechende Weichen stellen. Nach Häuslings Ausführungen wird klar, dass dies so bald wie möglich geschehen sollte.

Bild: Jens Brehl – CC BY-NC-SA 4.0
Nach dem Zweiten Weltkrieg lautete der Auftrag an die deutsche Landwirtschaft, mit allen Mitteln hohe Ernteerträge einzufahren. Koste es, was es wolle. Obwohl wir längst im Überfluss zu ersticken drohen und einen großen Teil der Lebensmittel als Abfall entsorgen, hält die Landwirtschaft an ihrer Maxime fest.
Ökologische Probleme bringt dabei speziell die Massentierhaltung mit sich. Besonders, wenn durch das vermehrte Ausbringen von Gülle Nitratwerte im Trinkwasser steigen und daher kostenintensiv gereinigt werden muss. „Das ist ein Kollateralschaden für die Öffentlichkeit“, stellte Häusling klar. Das billige Schnitzel sorgt dann eben für teures Trinkwasser.
Deutschland soll die Welt ernähren!?
Durch den globalen Handel ließen sich etliche Landwirte und Großbetriebe zur Massenproduktion verführen. Politik und Bauernverband werden nicht müde zu propagieren, dass Deutschland die Welt ernähren soll. Unsere Milch sollen beispielsweise Russen und Chinesen trinken. Dabei baut China seine Kapazitäten zur Milcherzeugung massiv aus und ist selbst weltweit der größte Produzent von Schweinefleisch. Gerade der Milchmarkt sei längst übergelaufen. „Etwa 350.000 Tonnen Milchpulver hat die EU auf Lager.“
Der Überschuss des europäischen Hühnerfleisches landet in Afrika und ruiniert dort bäuerliche Existenzen. Mit den subventionierten Billig-Lebensmittel kann die heimische Wirtschaft nicht konkurrieren. Die Nebenwirkungen sind Landflucht und viele Menschen ohne Perspektive. „Die Verlogenheit der Bundesregierung bei den Fluchtursachen in Afrika macht mich sauer.“
Unterm Strich stellte Häusling klar, dass auch viele heimische Landwirte von ihrer Massenproduktion selbst kaum profitieren, während sich die Verarbeiter und großen Lebensmittelkonzerne auch dank Subventionen durch Steuergelder über billige Rohstoffe freuen.
Agrarsubventionen für Umweltschutz nutzen
Die von Häusling aufgezeigten Zusammenhänge ließen so manchen Zuhörer ungläubig mit dem Kopf schütteln. Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten, in der EU eine ökologische Landwirtschaft stärker zu fördern. So sei der europäische Subventionstopf 56 Milliarden Euro schwer. Wie viel ein einzelner Betrieb erhält, hängt alleinig von dessen Größe ab. Pro Hektar gäbe es rund 300 Euro, egal wie er bewirtschaftet wird. Das lockt längst Investoren an, die Boden als reine Geldanlage betrachten. Zudem befeuert dieses Gießkannen-Prinzip die weitere Konzentration auf dem Markt.
„Öffentliche Gelder muss es für öffentliche Leistung geben, wie der Erhalt von Kulturlandschaften und der Artenvielfalt“, forderte Häusling. Gerade das Tempo in puncto Artensterben habe sich in Europa extrem beschleunigt. „Etwa 80 Prozent der Insekten sind verschwunden. Seit den 1990er Jahren haben wir bei Rebhühnern einen Verlust von 94 Prozent. Das ist von Menschen verursachtes Artensterben“
Durch seinen bewussten Einkauf sei auch der Konsument ein wichtiger Teil der Lösung. Auf sich allein gestellt, stoße er allerdings bald an seine Grenzen. So warb Häusling eindrücklich für entsprechende politische Weichenstellungen.
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