Im Allgemeinen tut man gut daran, Werbeaussagen zu hinterfragen. So suggeriert so manche Großbrauerei, mit „frischem Felsquellwasser“ zu brauen. „Die Biere sind allerdings industrielle Massenprodukte, die immer gleich schmecken. Daher überlässt man nichts dem Zufall und bereitet das Wasser stark auf“, erklärte Braumeister Andreas Seufert in seinem gestrigen feucht-fröhlichen und informativen Vortrag bei der Gelben Rübe in Fulda. Mit natürlichem Felsquellwasser habe das hinterher nichts mehr gemein. Seuferts Pax Bräu aus Oberelsbach ist mit seinen vielfältigen handwerklichen Biersorten der absolute Gegenentwurf zum Einheitsgeschmack der „Fernsehbiere“.
Wer Andreas Seufert kennt, dem war klar, dass dieser keinen trockenen Vortrag halten würde. So verband der Oberelsbacher seine Erläuterungen zur Braukunst mit einer Bierprobe. Das Witbier Blanche eröffnete die Runde. Witbier ist die belgische Version des deutschen Weißbiers, wobei die Zutat Koriander nicht fehlen darf. In der Pax Bräu-Version sind darüber hinaus noch Orangenschalen und Szechuanpfeffer enthalten, was in der Kombination ein fruchtiges Sommerbier ergibt.
Da es allerdings nicht mit dem deutschen Reinheitsgebot im Einklang ist, darf es in Deutschland nicht als Bier bezeichnet werden. „Das Reinheitsgebot hält viel Chemie aus dem Bier raus, aber es sollten mehr natürliche Zutaten erlaubt sein“, sagte Seufert. Zu den exotischsten Zutaten bei Pax Bräu zahlen unter anderem Vanille, Rumrosinen, Mango, Ingwer Zitronengras und Holzchips von alten Whiskyfässern.
Dank Craftbier gab es auch bei den Hopfensorten Zuwachs, derzeit seien es rund 250. Zuvor hätte niemand gewusst, was er beispielsweise mit „Mandarina Bavaria“ – einem Hopfen mit Mandarinen-Aroma – anfangen soll. Seufert selbst ließ sich 2010 zum Biersommelier ausbilden, was gleichzeitig sein persönlicher Startschuss war, geschmacklich vielfältige Biersorten zu brauen.
Regionale Einstiegsdroge
Und weiter ging es durch für so manchen Teilnehmer weitgehend unbekannte Geschmackslandschaften. Seufert präsentierte als nächstes sein dunkles Vollbier, welches dank der Zugabe von Rauchmalz eine entsprechende Note aufweist. „Das ist die Einstiegsdroge für Rauchbier.“
Gleichzeitig war es für den Braumeister an der Zeit, auf die Herkunft der verwendeten Rohstoffe hinzuweisen, die weitgehend aus ökologischem Anbau stammen. Die Braugerste für das Malz kommt größtenteils vom Biolandhof in Oberelsbach. Nach der Ernte geht es 15 Kilometer weiter zu Rhönmalz in Mellrichstadt und danach in Seuferts Sudhaus – regionaler geht es nicht.
Damit niemand zu lange mit einem leeren Glas vorlieb nehmen musste, wurde als nächstes Pils und danach Rhöner Pale Ale ausgeschenkt. Letzteres ist nicht nur stark gehopft, sondern kommt mit einem fruchtigen Aroma daher. Wie sich der Braumeister ein skandinavisches Weihnachtsbier vorstellt, zeigte er mit Jule Øl. Den Abschluss bildete das Bockbier Pacifator mit knapp neun Umdrehungen.
Die Stimmung der Zuschauer stieg nicht nur merklich, sondern auch der Wissensdurst: Wie lange hält sich Bier, warum schäumen manche Sorten stärker als andere und vieles mehr. Zum Glück hatte der Braumeister auch allgemeinverständliche Antworten im Gepäck, so dass es für alle ein runder Abend wurde. Feinschmecker sind jedenfalls auf ihre Kosten gekommen.
Bier auf die Ohren
Andreas Seufert hat nicht nur über seine Philosophie gesprochen und Braukunst erklärt, sondern auch aus dem Nähkästchen der deutschen Bier-Szene geplaudert. Damit sich niemand ärgert das verpasst zu haben, kann man den kompletten Vortrag kostenfrei nachhören:
Eigenwerbung muss erlaubt sein
Wer sich nun für den bunten Lebenslauf und noch tiefere Einblicke in die Arbeitsweise von Andreas Seufert interessiert, der kann zu meinem Buch „Regionale Biolebensmittel – Gesundes und Köstliches aus Fulda, Rhön, Vogelsberg und Nordhessen“ greifen. Ein Kapitel ist Pax Bräu gewidmet.
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